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Vom Brett zu Hartgummi – wie ich auf der Tanzfläche das Loslassen übe…

von | Aug. 11, 2025 | Mindset, Movement | 0 Kommentare

Als ich vor drei Jahren mit dem Tanzen begonnen habe, hätte ich mir nie erträumt, dass daraus meine größte Leidenschaft werden würde. Ich habe seitdem diverse Richtungen ausprobiert und würde am liebsten alle auf einmal lernen. Pole Dance wird wohl immer mein Favorit bleiben, aber schon in Freiburg habe ich mit Hip-Hop geliebäugelt. Hier in Concepción habe ich mit Girly, eine eher weiblich geprägten Form des Hip-Hop, einen weiteren Tanzstil gefunden, den ich liebe. Einen, der mir allerdings absolut nicht im Blut liegt.

Seitdem ich tanze, hat sich mein Taktgefühl zwar schon verbessert und ich bin nicht mehr steif wie ein Brett, sondern nur noch steif wie Hartgummi. Mir fehlt noch die Lockerheit und Gelassenheit, um diese Tanzstile natürlich wirken zu lassen. Und was offensichtlich absolut nicht hilft, sind meine Gedanken. Ich schaue beim Tanzen nicht gern in den Spiegel, weil ich finde, dass ich komisch und unbeholfen aussehe. Meine Gedanken kreisen darum, ob meine Bewegungen gut aussehen, ob jemand sie seltsam findet oder ob ich überhaupt „richtig“ tanze. Ich sehe Tänzerinnen und Tänzer, die es großartig machen, und vergleiche mich mit ihnen – auch wenn ein solcher Vergleich völlig unlogisch ist. Je mehr ich mich in meinen Kopf zurückziehe, desto steifer werde ich. Und je steifer ich werde, desto mehr bestätige ich meine eigenen Gedanken. Anstatt die Leichtigkeit des Tanzens zu spüren, im Hier und Jetzt zu leben und einfach Freude daran zu haben, wird es so zu einem Kampf mit mir selbst. Und natürlich verbessert das meine Fähigkeiten nicht.

Mir ist aufgefallen, dass das nicht nur beim Tanzen passiert. Auch in anderen Lebensbereichen gibt es Momente, in denen die Angst, was andere denken könnten, so laut wird, dass sie meinen eigenen Ausdruck übertönt. Ich passe mich an, halte mich zurück oder versuche, einer bestimmten Vorstellung zu entsprechen, anstatt einfach ich selbst zu sein. Dabei geht oft genau das verloren, was die Situation eigentlich ausmacht: die Freude am Tun, das Gefühl, im Moment zu leben und vor allem meine Authentizität.

Denn wenn diese Angst da ist, überanalysiere ich alles. Statt mich mit der Musik, meinem Gegenüber oder der Aufgabe zu verbinden, starre ich auf mich selbst wie durch eine Kamera. Jeder Impuls wird hinterfragt, jede Bewegung bewertet. Und so verschwinde ich aus dem Flow, in dem alles wie von selbst passiert.

Tanzen erinnert mich immer wieder daran, wie wichtig es ist, diese innere Blockade loszulassen. Wenn ich es schaffe, nicht mehr für das Bild in den Köpfen anderer zu tanzen, sondern für mich, verändert sich alles. Dann spüre ich wieder den Rhythmus, verliere mich in der Bewegung und merke, wie die Lockerheit von selbst kommt. Genau in diesen Momenten fühle ich mich am authentischsten und dann wirkt es auch am besten, ohne dass ich etwas erzwingen muss.

Ich weiß, dass Loslassen nicht von heute auf morgen passiert. Was mir hilft, ist, die Angst, blöd auszusehen, nicht zu umgehen, sondern ihr bewusst zu begegnen. Ich schaue beim Tanzen absichtlich in den Spiegel, auch wenn es sich unangenehm anfühlt, und bleibe im Blickkontakt mit mir selbst. Dabei versuche ich, mich nicht zu kritisieren, sondern zu sehen, wie ich mich bewege, und diese Bewegungen anzunehmen. Oder auch wenn ich Videos von mir anschaue, achte ich bewusst auf meine Gedanken: keine abwertenden Kommentare, sondern die Erinnerung daran, dass ich mein Bestes gegeben habe und dass das genug ist.